Was nützt so ein Bild?

Die Erfindung des Tafelbildes im 13. Jahrhundert

Wer ist eigentlich auf die Idee gekommen, ein Bild auf ein Stück Holz oder Stoff zu malen; es vielleicht noch aufzuspannen oder kostbar einzurahmen? Was war das für ein Mensch, der dieses «Bild» ganz ohne Funktion auch noch an einen besonderen Platz in seinem Haus oder seinem Andachtsort gehängt hat?

Wer das war, wissen wir nicht, aber es muss eine sehr, sehr fromme Person gewesen sein. Jemand, der Jesus oder Maria oder auch die Heiligen auf diesem Bild besonders nahekommen wollte, sie quasi erfahren wollte.

Lärm in der Kathedrale

Für so eine mystische Erfahrung braucht man Ruhe und man braucht Privatsphäre. Das ist in einer Kirche oft schwierig, denn kaum hat man sich ins Gebet versenkt, platzen Touristen herein und besprechen mehr laut als leise alles mit ihrer Kunstführerin.

Als das Tafelbild im 13. Jahrhundert erfunden wurde, hiessen die Touristen noch Pilger. Doch auch sie kamen nicht nur wegen des Gebets, sondern um etwas ganz Besonderes zu sehen: Die neue Kathedrale mit ihren farbigen Glasfenstern oder den prächtigen Wandelaltar mit den lebensgrossen Figuren und dem vielen Gold.

Kurz: Die oder der Gläubige will sich mit seinem Bild zurückziehen, um sich ins Gebet zu versenken und dafür kann er nicht den Altar mit seinen reich bemalten Flügeln mitnehmen, sondern braucht nur ein einzelnes, kleines Bild davon.

Geboren ist das Tafelbild!

So in etwa kann man sich das vorstellen. Das Bild eines Heiligen wurde ab jetzt als transportables Einzelstück beim Künstler bestellt, damit in einem privaten Raum vor ihm Andacht gehalten werden kann. Die Entstehung und der Erfolg der spirituellen Glaubensweise der Mystik weckte das Bedürfnis dazu.

Damit hat das bewegliche Tafelbild für den Hausgebrauch, das vor dieser Entwicklung noch völlig sinnlos erschien, plötzlich einen Nutzen.

Kunst bzw. die Entwicklung der Kunstgeschichte hängt immer direkt von der Geschichte der Gesellschaft ab. Was geschah? Wie wurde gehandelt? Was wurde dazu gebraucht?

Wenn der Goldglanz abschabt

Manchmal aber braucht unser Gemüt nicht nur Erhabenheit und Goldglanz, sondern es tut uns ganz gut, wenn scheinbar unfehlbare Menschen recht unsanft auf dem Boden aufschlagen und der Goldglanz dabei abschabt.

(Bild: Rogier van der Weyden, Nachfolger (um 1399-1464), Der hl. Lukas zeichnet die Madonna, wohl nach 1484. Alte Pinakothek, München. Ausschnitt)

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Diese Kunst zielt ins Innerste

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Das Gefühl von “zu viel”