Das Davids-Nase-Phänomen

“Während der Aufstellungsarbeiten [der Statue des Davids in Florenz] trug es sich zu, dass sie Piero Soderini ansah, während Michelangelo noch einiges daran nachbesserte; sie gefiel jenem sehr wohl, doch bemerkte er, die Nase der Figur scheine ihm zu dick.

Michelangelo, der wohl sah, dass der Gonfaloniere unter der Statue stehe und deshalb keine richtige Ansicht des Werkes haben könne, stieg, um ihn zufriedenzustellen, auf das Gerüst neben den Schultern, nahm schnell in die linke Hand einen Meissel und von den Brettern des Gerüstes ein wenig Marmorstaub und fing sodann an, denn Meissel leise zu rühren und liess dabei den Staub langsam niederfallen, ohne an der Nase irgendetwas zu verändern.

Darauf schaute er nieder nach dem Gonfaloniere, der ihm zusah, und sagte: “Betrachtet ihn nun!” - “Was mich anlangt,” antwortete dieser, “so gefällt er mir besser, Ihr habt ihm Leben gegeben!” - Und Michelangelo stieg herab, mitleidig lächelnd über Leute, die sich das Ansehen geben, Kenner zu sein, während sie nicht wissen, was sie sagen.”

Aus Giorgio Vasari: Die Lebensbeschreibungen der berühmtesten Maler, Bildhauer und Architekten geschrieben von Herrn Giorgio Vasari, Maler und Architekt aus Arezzo von neuem von ihm durchgesehen und erweitert, mit ihren Bildnissen und dem Nachtrag der Lebensbeschreibungen der Lebenden und Toten vom Jahre 1550 bis zum Jahre 1567. Mit Erlaubnis und Privileg unseres Herrn Pius V. und des Herzogs von Florenz und Siena. Florenz, bei den Giunti 1568.

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Wer, bitte schön, ist Willem van Heythuysen?

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Albert Dürer malt sich als … Albrecht Dürer