Gibt es eine Geheimsprache in der Kunst?
Das könnte man denken, wenn man sich schon einmal mit den vielen Botschaften, die ein Bild mitteilen kann, auseinandergesetzt hat. Ein scheinbar nebensächliches Detail konnte für die damaligen Betrachter eine ganze Geschichte erzählen. Jeder Gegenstand, jede Farbe könnte eine Bedeutung haben und, je nach Zeit in der das Bild entstanden ist, haben sie das auch.
Doch hier kommt schon das erste wichtige Stichwort in der Symboldeutung, die Zeit.
Bei manchen Symbolen kommt es ganz darauf an, in welcher Zeit es gemalt wurde. Was im Mittelalter als Symbol für Sünde stand, konnte in der Renaissance eine völlig andere Bedeutung haben.
Wie zum Beispiel bei der Katze:
In mittelalterlichen Darstellungen symbolisierte die Katze oft das Böse oder wurde mit Hexerei in Verbindung gebracht. Im 17. Jahrhundert dagegen konnte sie für häusliche Behaglichkeit stehen, aber auch für Faulheit oder weibliche Verführung. Beim Abendmahl mit Jesus und seinen Jüngern ist eine Katze eher ein negatives Symbol, besonders, wenn sie wie im Bild des Blogs (Gebrüder Asam, Abendmal, 1725. Deckenfresko Abteikirche Einsiedeln) unter dem Mantel von Judas hervorkommt und von ihm gefüttert wird. Sie steht dann für Streit, Feindschaft und Sünde. In einem niederländischen Interieur des 17. Jahrhunderts stellt die Katze einfach Häuslichkeit dar oder ist eine Allegorie für das Gehör, denn Katzen hören ausserordentlich gut.
Ganz anders ist die Deutung, wenn im Bild ein Hund dargestellt ist:
Hunde stehen meist für Treue und Loyalität. In Porträts von Ehepaaren symbolisieren sie oft eheliche Treue. In Jagdszenen repräsentieren sie den Adel und seinen Lebensstil, besonders Rassehunde, die auf eine edle Abstammung hinweisen.
Ganz unterschiedliche Deutungsmöglichkeiten gibt es auch beim Hasen. Der Hase ist ein gutes Beispiel, dass Symbole nicht einfach wie ein Text gelesen werden können: In der Antike stehen Hasen für das Weiterleben nach dem Tode und für die sinnliche Liebe.
Hasen wird nachgesagt, dass sie mit offenen Augen schlafen, also sind sie ein Symbol der Wachsamkeit.
Ein laufender Hase kann auf jemanden hindeuten, der entweder seiner Begierde nachläuft, aber auch der Christus nachfolgt. Manchmal ist der rennende Hase ein Symbol für die schnell verrinnende Zeit. Wird der laufende Hase von einem Adler gejagt, ist er ein Symbol des Unreinen.
Flieht ein bewaffneter Mann vor einem Hasen, steht das für Feigheit. Jagen aber Hasen einen gefesselten Jäger deuten sie auf die verkehrte Welt. Und das sind noch nicht alle möglichen Deutungen.
Weitere beliebte Symbole sind Früchte: Äpfel verweisen auf den Sündenfall, Trauben auf die Eucharistie. In der katholischen Liturgie wird der Wein zum Blut Christus gewandelt.
Die Orange, besonders in niederländischen Stillleben des 17. Jahrhunderts zu sehen, war ein Luxusgut und symbolisierte Reichtum und Wohlstand.
Oder Blumen: Die weisse Lilie hat ihre Bedeutung in der Kunstgschichte nie verändert. Sie steht für die Reinheit der Seele und für die Keuschheit und ist damit ein beliebtes Attribut der Jungfrau Maria.
Die Rose ist hingegen ist ein vielseitiges Symbol. In christlichen Darstellungen steht die rote Rose für das Blut Christi oder das Martyrium. In weltlichen Kontexten symbolisiert sie oft die Liebe. Besonders im Barock symbolisieren Blumen und allen voran Rosen die Vergänglichkeit.
Meistens leicht zu deuten sind Farben, denn Farben sprechen unsere Psyche an und sind damit stark mit unseren Gefühlen verbunden. Die Farbe Rot steht für Blut, Feuer, Leben, Liebe und Leidenschaft. Maria trägt meistens ein rotes Untergewand unter ihrem blauen Mantel. Rot ist auch die Farbe des Krieges und des Kampfes.
Blau steht für den Himmel, das Spirituelle und die Wahrheit. Die Farbe Blau steht auch für Treue, besonders im blauen Mantel Marias.
Grün ist die Farbe des Lebens, der Pflanzen und damit auch des Paradieses. Das Paradies verheisst die Auferstehung und die Hoffnung auf Unsterblichkeit. Gleichzeitig ist grün aber auch die Farbe des Giftes.
Das ist ein winziger Ausschnitt aus der reichen Sprache der Symbole in der Kunst. Auch wenn es vielleicht verwirrend scheint, welchem Symbol nun welche Bedeutung zugeordnet wird, so erschliesst sich die Bedeutung immer schon zum grossen Teil im Bildzusammenhang. Es kommt auf das Ganze an.
Einige Darstellungen sind jedoch bis heute nicht zu entschlüsseln. Besonders im 15. und 16. Jahrhundert hat man sich fast schon einen Sport daraus gemacht mit Darstellungen der antiken Mythologie, Bibelszenen und astrologischen Symbolen möglichst viele Botschaften in ein Bild zu packen. Manchmal bis zur Unleserlichkeit.